Storytelling ins Reden einbauen

30. Januar 2023

Geschichten erzählt wurden schon immer – und auch in Reden, Präsentationen und Vorträgen haben sie ihren Platz. Denn dadurch werden komplizierte oder trockene Fakten leichter verdaulich. „Storytelling zur Informationsvermittlung“ bringt es auf den Punkt. Sie wollen Ihrem Publikum das Phänomen des exponentiellen Wachstums erklären? Möglichst so, dass nicht gleich alle mit dem „Igitt Mathe!“-Blick abschalten?

 

 Toastmasters Mitglieder und Workshop-Leiterin Petra Wolff

Anstatt eine Formel oder eine Kurve zu zeigen, die zunächst flach verläuft und dann steil ansteigt, könnten Sie mit der berühmten Geschichte von den Reiskörnern auf dem Schachbrett beginnen:

Vor langer Zeit, als das Schachspiel erdacht wurde, rief der Herrscher den Erfinder dieses Spiels zu sich, um ihn dafür zu belohnen. „Wünsche dir dafür, was du willst!“.

Der Erfinder hatte einen einfachen Wunsch: „Gebt mir auf das erste Feld des Schachbrettes ein Reiskorn, auf das zweite Feld zwei Reiskörner, auf das dritte vier, dann acht usw. Mit jedem Feld soll die Anzahl der Reiskörner verdoppelt werden.“

Der Herrscher war fast beleidigt wegen dieses scheinbar bescheidenen Wunsches und wies seinen Schatzmeister an: „Rechne das aus und bring ihm dann seinen Sack Reis!“

Bis zur Hälfte des Schachbrettes ging es noch halbwegs gut. Ein Sack reichte zwar nicht mehr aus, aber man hätte diese Reismengen heutzutage mit ein paar LKW wegschaffen können. Dann wurde es dramatisch. Beim 54. Feld wäre es schon so viel Reis, dass der Berliner Fernsehturm im aufgeschütteten Haufen verschwinden würde. Am Ende könnte man die Fläche von ganz Deutschland mit einer Reisschicht von einem Meter Höhe bedecken. Aber so viel Reis gibt es auf der ganzen Welt nicht.

So hatte sich der Herrscher ruiniert: Durch das Unterschätzen von exponentiellem Wachstum! Denn genau das tritt bei wiederholtem Multiplizieren mit einer Zahl auf – hier mit der Zwei.

So hat unser Toastmasters Club-Mitglied Petra Wolff den Einstieg in ihren Workshop gestaltet. Visuell unterstützt durch ein altes Schachbrett und das Auffalten eines armlangen Zettels, auf dem die enorme Gesamtzahl der Reiskörner notiert war.

Dann haben wir den Bauplan der Geschichte zusammengetragen: Welche Bestandteile gehören zu einer guten Geschichten? Wir haben gelernt: Storytelling ist wie Kuchenbacken. Es gibt eine Vielzahl Rezepte, aber in fast allen sind mehr oder weniger die gleichen „Grundzutaten“ enthalten:

  • Hauptfigur(en)
  • Ausgangssituation und Ziel
  • Plan/Weg
  • Hindernisse, Reaktion darauf, Abhilfe
  • Ende/Ausgang
  • Sinneseindrücke
  • Gedanken/Gefühle

Nach einer Pause ging unser Toastmaster Club-Abend mit praktischen Storytelling-Übungen weiter. Die Aufgabe bestand darin, verstaubten Sprichwörtern durch Geschichten neuen Glanz zu verleihen.

In Kleingruppen aus jeweils drei Workshop-Teilnehmern haben wir uns kleine Geschichten ausgedacht, um die Aussage eines vorgegebenen Sprichwortes hervorzuheben. Zum Abschluss trugen die Kreativen ihre Werke vor.

So erfuhren wir von den Nöten eines WG-Bewohners, der aufgrund von Ablenkungen durch seine Mitbewohner und durch eigene Trägheit den Kauf von Toilettenpapier immer wieder verschoben hatte. Dann wurde er vom Ausbruch der Corona-Krise und dem damit verbundenen Engpass überrascht. Die Lehre daraus: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“

Eine andere Geschichte drehte sich um einen Schmetterlingsfreund, der eine weite Reise plante. Diese konnte er zwar aufgrund einiger Hindernisse nicht antreten, hatte aber am Ende trotzdem einen schönen Urlaub in seiner heimischen Umgebung, wo er sogar viele Schmetterlinge beobachten konnte. Dann erfuhr er, dass in seinem ursprünglich gewählten Fernziel aufgrund einer Katastrophe ohnehin kein entspannter Urlaub möglich gewesen wäre. Fazit: „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach!“

Reden üben - Rhetorik trainieren - bei den Toastmasters Mut und Rede in Berlin-Neukölln ist das immer mit viel Lachen und Klatschen und wertschätzendem Lernen verbunden. Probier es doch auch mal aus! Gäste sind bei unseren Club-Meetings immer herzlich willkommen!

Wann macht Storytelling Sinn?

Doch nochmal zur Technik des Storytelling: Wann ist Storytelling angebracht? Wodurch wirkt es überzeugend? Wir werden oft von einer Flut von Informationen überschwemmt - Fakten, Fakten, Fakten - wer soll sich die alle merken? Eine gute Geschichte kann dazu beitragen, dass sich die Zuhörer mit einer Botschaft oder einem Produkt identifizieren und sich leichter daran erinnern. Das Gute daran: die Geschichte muss nicht lang sein. Oft reicht schon eine Kurzversion von einer Hauptfigur - vielleicht ja Sie selber oder ein (fiktiver) Freund von Ihnen - die etwas wollte, aber einem ärgerlichen Hindernis begegnet ist und eine glückliche Lösung dafür gefunden hat. Dabei können Sie auch auf klassische Geschichten, Märchen und Mythen - wie David und Goliath, Sisyphus, Dornröschen usw zurückgreifen und sie auf Ihre Situation und Botschaft übertragen.

Am einfachsten und oft auch am glaubwürdigsten ist aber, wenn Sie Erlebnisse aus Ihrem persönlichen oder beruflichen Umwelt in Ihre Reden einbauen, die Ihren Umgang mit einer Situation gut illustrieren können. Wichtig ist natürlich, dass Sie niemanden damit blamieren oder vorführen. Auch die Dosis ist zu beachten - Ihre Geschichten sollten nicht 80 Prozent Ihrer Redezeit beanspruchen, sondern eher zum Einstieg oder Abschluss kurz und knackig Interesse am Thema wecken. Zwar gibt es Reden, die komplett auf Storytelling setzen, aber die sind jedermans Sache. Mitunter ist Storytelling auch gar nicht möglich - sei es, dass Sie nur sehr wenig Zeit haben oder dass Ihnen für Ihr Publikum oder Thema einfach keine passende Geschichte einfällt. Dann ist es besser darauf zu verzichten und einen der vielen anderen Einstiege und Abschlüsse zu wählen, die Ihren Redebeitrag spannend machen.

Probieren Sie es doch einfach mal aus, eine kleine Geschichte in eine Rede, einen Vortrag, eine Präsentation einzubauen.

Bei den Toastmasters Mut und Rede in Berlin-Neukölln können Sie es jeden zweiten Montag im Monat üben - als Gast sind Sie bei uns herzlich willkommen:

https://mut-und-rede.de/mitglied-werden/unverbindlich-kennenlernen

 

Foto: Petra Wolff, Mitglied Toastmasters Mut und Rede, Berlin-Neukölln 

 

      
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